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Stichwort BYOD – kümmern wir uns um Inhalt, nicht nur um Hardware

DigitalNetzwerkSchule

Stichwort BYOD – kümmern wir uns um Inhalt, nicht nur um Hardware

Schüler/innen und Lehrer/innen haben sie – eigene mobile Endgeräte. Und seien wir ehrlich – zumindest Schüler/innen kümmern sich um ihre eigenen Geräte besser als um Leihgeräte. Noch dazu kennen sie sich hervorragend mit ihrer eigenen Technik aus! Ein wichtiger Grund, um den Fokus der Gespräche auch mal weg von der Hardware hin zu den Inhalten zu richten. Genau das haben wir im August auf dem DigitalNetzwerkSchule getan. Für die vornehmlich anwesenden Lehrkräfte war es interessant zu sehen, welche Perspektive ein Verlagshaus hier hat.

„Ruckzuck digital? Wo bewegt sich der deutsche Schulmarkt im Spannungsfeld zwischen Print und Digital und welche Auswirkungen hat das auf die Arbeit eines Bildungsverlages?“, ist das Thema von Iris Kalvelage, Key-Account-Managerin Digitales der Westermann Gruppe / Verlage auf dem DigitalNetzwerkSchule im August in Hannover. Ihr Ausblick und Eindruck ist, dass es nun doch alles ein wenig schneller vorangeht, als dies in den vergangenen Jahren der Fall war.

Im Verlag heute gibt es heute insgesamt vier Nutzergruppen.

Es gibt die ausgesprochenen Print-Fans genauso wie die Normal-User, die schon ein bisschen im Digitalen unterwegs sind, und die Power-User, die dem Verlag auf die Füße treten und mehr fordern. Und dann gibt es noch die „Nerds“, die beim Thema Verlag raus sind und ihr eigenes Ding machen, denen ein bisschen granularer Content reicht und die damit dann schon völlig zufrieden sind. Ihr Anteil an der Nutzerschaft ist klein –tut aber weh. Denn das sind die Lehrkräfte, die in der Entwicklung vorangehen und aufzeigen, was der Markt braucht. „Als klassischer Medienanbieter ist man hier sehr schnell raus.“, lässt sich ganz klar feststellen.

„Wir haben eine Masse von StartUps, die tolle Ideen haben. […]“, sagt Iris Kalvelage und stellt fest, dass das Verlagshaus Westermann hier einen Vorteil aufzuweisen hat: jede Menge vorhandenen Content, den Lehrkräfte benötigen und haben wollen für ihre Unterrichtsgestaltung. „Die Entscheidung an der Schule findet aber nur für uns statt, wenn wir auch ein digitales Rundum-Programm haben. Egal ob es genutzt wird oder nicht.“

Die Umsetzung des DigitalPakts ist auch für den Verlag eine spannende Zeit.

Denn die Förderrichtlinien und damit verbundenen Anschaffungen definieren zum Teil, was an Lizenz- und Nutzungsmodellen überhaupt (noch) angeboten werden kann. Der Verlag muss sich hier entstehenden Lösungen wie z.B. einer übergreifenden Cloud entsprechend anpassen.

Eine weitere große Frage ich, aus welchen Töpfen digitale Bildungsangebote überhaupt bezahlt werden. Ist das derselbe Topf, über den auch Print-Produkte bezahlt werden, wenn sie diese ersetzen? Was ist mit alleinstehenden digitalen Angeboten? Hier wissen die Schulen oft keine Antwort und ebenso stehen die Schulträger noch vor offenen Fragen. Auch der Verlag steht vor einer Preisfrage: Was ist eigentlich mit der Buchpreisbindung? Kultusministerien stehen weiterhin vor Fragen der Zulassungsprozesse, die im Digitalen schneller sein müssen und anders.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass es zahlreiche Akteure und offene Fragen gibt, was digitale Bildungsinhalte und –angebote angeht. Die Westermann Gruppe und auch alle anderen Verlagshäuser haben sich auf den Weg gemacht, um vorbereitet zu sein. In fünf Jahren werden die Power-User, die aktiv nach digitalen Unterrichtsmaterialien fragen, sie einfordern, den größten Teil der Fachschaft ausmachen. Ein klares Zeichen für die Verlage, loszugehen und Produkte zu entwickeln, die den Anforderungen und Erwartungen gerecht werden.

Wie muss zukunftsfähiger digitaler Content denn nun aussehen?

„Natürlich haben die verschiedenen Schulformen unterschiedliche Bedürfnisse. […] Es muss für jeden Schulbereich angepasste Materialien geben. […] Neben diesen Wissensvermittlungen und Prüfungsvorbereitungen gilt natürlich für alle Bereiche: es muss zeitsparend für die Lehrkraft sein, es muss personalisiert werden können für die Schüler, es muss differenzierend sein. Wir brauchen eine Analyse, die dahinter steht. Es kann natürlich und darf sicherlich auch Spiele-basiert sein, auch da kann man in Zukunft natürlich ganz anders denken. Und es muss Sie als Lehrerin und Lehrer in der Unterrichtsvorbereitung auch entlasten.“

Der Verlag muss sich hier weiterentwickeln, aber genauso auch die Trends in der digitalen Bildung aufnehmen, die Ansprüche beachten und sich immer wieder fragen: Nehmen wir alle mit? Die Bedürfnisse, die Lehrkräfte an Westermann spiegeln, sind Anforderungen an z.B. Interaktivität, qualifizierte Feedback-Funktionen von der Lehrkraft an den einzelnen Schüler. Medien sollen und müssen eingebunden werden. Und hier sprechen wir nicht nur von einer PDF des Buches! An dieser Stelle bewegt sich der Verlag wieder im Spannungsfeld zwischen den Ministerien, zwischen den Zulassungsstellen. „Die angebotenen Medien, die das Buch erweitern, sind aus Sicht vereinzelter Kultusministerien nicht zulassbar, weil sie nicht das reine Buch sind.“ Hier sind die Verlage im Austausch zu klären, wie das Dilemma gelöst werden kann. Zur Zufriedenheit aller.

„Das Schulbuch an sich wird als zu einengend empfunden.“

Lernsituationen und Unterrichtsmaterialien zu sammeln verläuft heute oft noch im Sande, weil zum einen die Prüfungsmechanismen nicht vorhanden sind und zum anderen ein Großteil der Lehrkräfte das neben dem Beruf gar nicht umsetzen kann. Der Materialpool für OER ist dann zu gering. Hier kann Westermann unterstützen, denn die Materialien sind vorhanden. Die Frage ist nur – wie bzw. in welcher Form wird die Aufbereitung gebraucht?

Die Vision von Westermann setzt genau hier an: „Der Transport von Content in eine Form, die an verschiedensten Stellen granular, modular, und eben auch in verschiedensten Umgebungen nutzbar ist. Das fängt an bei Portalen für die berufliche Bildung, wo das Buch komplett außen vor geblieben ist, aber der Content einfach so aufgebaut ist, dass es digital, ohne den Gedanken an das Buch noch zu verschwenden, genutzt werden kann. […] Die Vision ist an der Stelle schon, dass wir uns mit Sicherheit nicht von Print verabschieden, das glaube ich einfach nicht. “ Die Bedürfnisse der Zielgruppen können nicht pauschalisiert werden. So wird es auch keine Plattform für alle geben, sondern ein Angebot für jede Nutzergruppe. „Das Feld ist offen“, sagt sie und schließt auch eine Art didaktisches YouTube nicht aus.

Lehrkräfte fordern: Verlage sind und sollen dicht am Nutzer sein

„Die ganzen Verlage werden gerade überholt von den Erklärvideos“, ist der Eindruck aus dem Publikum. Auch eine Studie belegt: „Jugendliche nutzen YouTube als Bildungs- und Kulturort“. Auch Westermann bietet schon viel Video-Content an, der über eigenständige Portale angeboten wird. Dieser muss aber immer im Zusammenhang mit dem Gesamtkontext gesehen werden. Die Lehrkraft benötigt mehr als reine Zusammenschnitte von Videos für ihre Unterrichtsgestaltung.

„Es geht nicht um WLAN […]“ für das Arbeiten mit Erklärvideos in der Schule, sondern „es geht um neue Konzepte wie Flipped Classroom“, darum dass Schüler/innen Fragen zu Gesehenem schon mit in die Schule bringen anstatt erst dort den Content zur Verfügung gestellt zu bekommen. Der Eindruck aus dem Publikum ist, dass Unterricht noch immer sehr klassisch gedacht wird und davon auch aktuell der Markt (noch) lebt. Hier werden sich auf die Schulbuchverlage in den nächsten Jahren anders orientieren und sind erste Schritte schon gegangen. Heute gibt es oft noch Bedenken, wenn der Verlag in die Fachkonferenz kommt mit der Aussage: „Sie können Mathematik jetzt spielen.“, weil spielerische Lernanwendungen zur Verfügung stehen. Solche Projekte werden zunächst nur als Piloten eingesetzt, bis zur großen Breite braucht es noch Zeit.

Eine Frage aus dem Publikum bezieht sich auch auf das Aufspielen von Verlagsinhalten auf mobile Endgeräte – im vorliegenden Fall recht langwierig und, man kann sagen, frustrierend. Iris Kalvelage gibt hier den Einblick, dass Verlage in Abhängigkeit vom Hardware-Herstellen sind. Dort sind teilweise Schranken vorhanden, die eine Vereinfachung nicht ermöglichen. Grundsätzlich – und das ist ihr wichtig – sind Verlagsmitarbeiter/innen aber eng am Kunden und schauen sich die Prozesse in den Schulen an, tauschen Erfahrungen mit den Lehrkräften direkt vor Ort aus.

Wir bedanken uns bei Iris Kalvelage für ihren Beitrag zum DigitalNetzwerkSchule! Übrigens: den gesamten Vortrag und Austausch finden Sie „zum nachschauen“ als Livestream in unserem Blog aktiv. Als wären Sie direkt in Hannover auf der Veranstaltung dabei gewesen! Außerdem steht die Präsentation zum Download zur Verfügung.

Im Dschungel digitaler Angebote ist es heute zusehends schwer, die Spreu vom Weizen zu trennen. Mit dem Online- und Print-Magazin „Digitale Schule | kompakt“ möchten wir Sie mit Anregungen und Tipps zum Thema Schul-Digitalisierung unterstützen. Wir zeigen unterschiedliche Lösungsansätze von Schulen und Schulträgern zum Thema Digitale Schule, lassen Pädagogen mit ihrer Sicht zu Wort kommen und geben praktische Tipps zu aktuellen Themen der Schulpolitik.

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