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„Nicht lang schnacken, Kopp in Nacken.“ – Vom Ende der Leuchttürme zur Notwendigkeit einer Strategie.

DigitalNetzwerkSchule

„Nicht lang schnacken, Kopp in Nacken.“ – Vom Ende der Leuchttürme zur Notwendigkeit einer Strategie.

Andreas Hofmann gibt beim DigitalNetzwerkSchule einen Rückblick über die technologische und digitale Entwicklung der letzten Jahre, sehr praxisnahe Einblicke in den Bedarf und die Notwendigkeiten schulentwicklerischer Prozesse und weist mit einem unterhaltsamen und motivierenden Unterton darauf hin, dass die Digitalisierung weder verschwindet, noch uns stressen sollte.

Mit einem typisch norddeutschen ‘Moin Moin‘ startet Andreas Hofmann in seinen Vortrag. Er ist Pädagoge, war 15 Jahre in der Region Oldenburg als Lehrkraft beschäftigt und zugleich 7 Jahre medienpädagogischer Berater des Niedersächsischen Landesinstituts für schulische Qualitätsentwicklung. Seit 10 Jahren führt er 1:1 Settings durch, 2008 startete das Projekt an seiner ehemaligen Schule, im Jahre 2012 führte die Schule schon Tablets ein und stattete nahezu alle Schülerinnen und Schüler damit aus. Nach 15 Jahren auf dem gleichen Platz wollte er dann doch „los“, wie er selbst berichtet, und ist seit August 2018 selbstständig.

„Die Welt da draußen ist total spannend [..] und tut ganz schön weh manchmal.“

https://twitter.com/DSkompakt/status/1233406578730110977

Mit seiner „Milchtüten-Metapher“ zum Einstieg sorgt Andreas Hofmann für einige Lacher – Er zeigt das Bild einer Tetra-Pack-Milch mit Schraubverschluss, die an der Seite aufgeschnitten wurde und erklärt: Da es nicht schon immer den Schraubverschluss an der Milchverpackung gab, mussten damals noch andere Lösungen her. Heute haben sich besonders die neuen Generationen an den Schraubverschluss gewöhnt, doch viele halten noch an den alten Lösungen fest – anstatt den einfachen Weg über den Schraubverschluss zu gehen, wird dann doch der alte Weg mit der Schere eingeschlagen. Dem hingegen scheiterte jedoch einst ein junger Schüler kläglich, der eine Milch öffnen sollte, die keinen Verschluss besaß. Die Aussage dahinter: „Die heterogenste Lerngruppe sind wir selbst.“ Solche Wandel müssen zusammen gemeistert werden, damit alle voneinander lernen können und Altes und Neues verbunden wird.

 „Die größte Herausforderung sind aber WIR in diesem ganzen Prozess“

Andreas Hofmann erzählt von seinen ersten Begegnungen mit der Digitalisierung. Von neuen Boards, die unter der Konzeptlosigkeit des Konjunkturpakets (vergleichbar mit dem DigitalPakt heute) litten, und vom neuen Computerraum, der „irgendwie von irgendwem“ gewartet werden musste. Die ersten Tablets sind in Niedersachsen 2012 an Schulen gestartet, die allerersten Schulen in Glasgow sogar schon in 2011 –  er betont: „Das ist schon wieder ein Jahrzehnt, die diese Technologie auf dem Markt lebt. Aber das ist auch ein Jahrzehnt an Expertise, die sich da schon angesammelt hat. Das heißt es gibt tausende von Schulen und Lehrern, die schon gegen die Wand gefahren sind […] oder auch erfolgreich gearbeitet haben!“

„Das Handyverbot wird so langsam für jede Schule lächerlich.“

Es führt kein Weg mehr um die Technik herum. Aber das bringt auch Chancen mit sich, vor allem umfasst das den Schulentwicklungsprozess. Andreas Hofmann weiß: „Es ist viel Druck mit im Spiel. Aber wir müssen – und wenn wir es müssen, dann müssen wir es in Gänze.“

Auf welchen Zug will ich eigentlich aufspringen?

Trends kommen, gehen und donnern schnell an einem vorbei. Er zählt auf: Social Media, Snapchat, Pokémon Go, Instagram, künstliche Intelligenz. Was davon ist relevant und was nicht? Was muss mit in den Unterricht? Wichtig ist: Es muss nicht auf jeden Zug aufgesprungen werden und es kann generell auch immer noch abgesprungen werden.

Niedersachsen verpflichtet zum Informatikunterricht, wobei natürlich als erstes die Frage aufkommt, wer Informatik unterrichten soll. Es stellt also eine tolle und wichtige Sache dar, aber vor allem auch ein Problem für die Kollegen, die noch gar nicht wissen wo es hingehen soll. Medienbildung, Medienerziehung, Medienethik – es gibt unglaublich viele Baustellen, und es kommt immer neue hinzu.

Für den schulentwicklerischen Prozess sind vier Bausteine notwendig: Das Konzept, die Vernetzung, Aus- und Fortbildung und die Infrastruktur.

Besonders das Konzept ruft bei Kollegen oftmals Stressflecken hervor. Das Medienkonzept, welches Herr Hofmann selbst vor einigen Jahren an seiner Schule erstellte, hat bis heute wahrscheinlich nur er selbst gelesen – zumindest geht er davon aus. Aber eigentlich geht es um was anderes, nämlich dass als Schule darüber nachgedacht wird, wo es eigentlich hingehen soll – und damit ist nicht gemeint, was generell digital alles möglich ist, sondern wie wir selbst in 2020 unterrichten möchten. Seinen Schülerinnen und Schülern eine Schul-Mailadresse aufgedrückt zu haben ist kein Erfolg mehr, denn die E-Mail ist mittlerweile wohl das letzte, was die Schüler nutzen würden. Und wer daran noch glaubt, der hat in den letzten 10-11 Jahren – spätestens seit Einführung des Smartphones – verpennt, dass sich die komplette Informationsverarbeitung und -erschaffung geändert hat.

Die aktuelle Situation der Vernetzung ist schwierig, es gibt viele Empfindlichkeiten

Vor allem das Konkurrenzproblem ist hier spürbar – welche Realschule hat schon Lust sich mit der Nachbarschafts-Realschule zu vernetzen? Und das nächste Problem: Welche weiterführende Schule kennt denn wirklich die pädagogische Arbeit einer Grundschule? Auch Andreas Hofmann selbst als ehemaliger Realschullehrer konnte nicht einschätzen, was überhaupt hinter der Arbeit von Berufsbildenden Schulen dahinter steckt, so sagt er selbst. Generell haben wir alle aus unserer Schulzeit gelernt, uns als Einzelkämpfer durchzuboxen. Jetzt so vernetzt zu lernen und zu lehren ist eine Herausforderung, denn so ticken wir nicht. Und doch ist es ein wichtiger Baustein auf diesem Weg.

Und auch die Aus- und Fortbildung ist ein wichtiger Bestandteil. Vor 10 Jahren dachten wir noch, dass wir einfach auf die Digital Natives warten brauchen, die würden das schon übernehmen. Aber so klappt das nicht. Oftmals ist die Frage Nr. 1 bei Hofmanns Schulungen:

„Wie bekomme ich meinen ehemaligen Lückentext jetzt digital bearbeitet?“

Viele Kollegen möchten ihre analogen Schulinhalte 1:1 ins Digitale übertragen, damit sie ihren Unterricht stressfrei weiterführen können. Diese Gedanken sind aktuell und werden auch so lange noch bleiben, bis vor allem die Lehrerausbildung nicht endlich auf den Kopf gestellt wird. Ansonsten werden Themen wie Transformation oder Schul- und Unterrichtsentwicklung weiterhin bei Hunderttausenden von Lehrerinnen und Lehrern aufgeschoben.

Außerdem sind auch die Lernumgebung, die Prüfungsformate, Lehrerrollen, Fächerwahl und –taktung und die Lernmaterialien nicht zu vernachlässigen. Gerade beim Aspekt der Prüfungsformate fällt auf – wenn 6 Klassenarbeiten geschrieben werden müssen und Unmengen von Stoff fürs Abi in die Köpfe der Schülerinnen und Schüler muss, wo bleibt dann die Zeit etwas zu ändern oder zu experimentieren? Eine Schule, die schon überwiegend digital unterrichtet, die Klassenarbeiten dann aber weiterhin analog schreibt macht sich lächerlich. Ein schwieriger Punkt. Alternativen gibt es, hierbei kommt es etwas auf das Rückgrat der Schulleitung an – beispielweise nur 4 anstatt 6 Klassenarbeiten schreiben lassen, ein Comic statt einer Klassenarbeit gestalten lassen – einfach in Grauzonen arbeiten und die Ränder austesten!

„Das tolle an der Geschichte: Wir werden bald als Helden da stehen. Denn wir sind gerade diejenigen, die das schaffen müssen. Wir scheitern nicht, wir sind die Pioniere.“

Andreas Hofmann gibt noch Handlungstipps mit auf den Weg:

  • Nehmen Sie sich in Teams Zeit, um mal wieder Ihre Schulvision zu definieren und zu hinterfragen.
  • Nehmen Sie sich Zeit, Fehler zu machen und zu experimentieren.
  • Der digitale Wandel ist ein Prozess, kein Projekt und er hat kein definierbares Ziel.
  • Bauen Sie sich ein PLN (persönliches Lernnetzwerk) auf und vernetzen Sie sich.
  • Freuen Sie sich auf diese Herausforderung, denn sie ist zugleich Herausforderung wie auch Chance. Auf jeden Fall ist sie unsere Pflicht.
  • Auf Twitter/Pinterest/Instagram: Der gesamte Schulunterricht und alle Informationen, die benötigt werden, sind da. Tausende von Lehrern, die schon auf unterschiedlichsten Stufen dieses Prozesses sind – vernetzten Sie sich mit ihnen.

Wir bedanken uns bei Andreas Hofmann für seinen Beitrag zum DigitalNetzwerkSchule! Übrigens: den gesamten Vortrag und Austausch finden Sie „zum Nachschauen“ als Livestream in unserem Blog aktiv. Als wären Sie direkt in Hannover auf der Veranstaltung dabei gewesen!

Im Dschungel digitaler Angebote ist es heute zusehends schwer, die Spreu vom Weizen zu trennen. Mit dem Online- und Print-Magazin „Digitale Schule | kompakt“ möchten wir Sie mit Anregungen und Tipps zum Thema Schul-Digitalisierung unterstützen. Wir zeigen unterschiedliche Lösungsansätze von Schulen und Schulträgern zum Thema Digitale Schule, lassen Pädagogen mit ihrer Sicht zu Wort kommen und geben praktische Tipps zu aktuellen Themen der Schulpolitik.

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