Beispiele aus der Praxis
„Ich bin die Lehrerin, die YouTube nebenher als Hobby macht“
Marijke Hörger ist Lehrerin für Englisch und evangelische Religion an einem Gymnasium in Baden-Württemberg. Mit ihrem YouTube-Kanal Teacher’s Diary hat sie große Bekanntheit erlangt, denn mittlerweile kann ihr Kanal 30.000 Abonnenten vorweisen. Auf ihrem Instagram-Kanal kann die Lehrerin über 11.000 Abonnenten zu sich zählen. Angefangen vor sechs Jahren mit Backrezepten, teilt die Lehrerin mittlerweile Tipps und Erfahrungen aus ihrem Lehreralltag mit ihrer Community auf YouTube – bis heute. Denn nach sechs Jahren hat sich Marijke Hörger dazu entschlossen, das Kapitel YouTube zu schließen. In einem Interview lässt sie ihre YouTube-Zeit Revue passieren.
„Ich wollte ein Bewusstsein dafür schaffen, dass wir Lehrer und Lehrerinnen mehr sind als nur Materialausgeber“
Marijke Hörger möchte mit ihrem Content insbesondere anderen LehrerInnen oder angehenden LehrerInnen Mut machen. Mit ihren Videos ist es ihr Ziel geworden, darauf aufmerksam zu machen, dass auch LehrerInnen ein Privatleben haben und auf eine gesunde Work-Life-Balance achten sollten. Denn an erster Stelle stehe immer die Gesundheit – sowohl körperlich als auch mental. Insbesondere bei jungen Lehrkräften habe sie gehofft, ihnen den Druck durch ihre Videos etwas nehmen zu können. Sie möchte ihnen als eine Orientierung dienen und vermitteln, dass sie gut auf sich aufpassen sollen. Um sich selber den Druck rauszunehmen, schreibe sich die Lehrerin Listen, durch die sie besser differenzieren könne, welche Dinge wirklich erledigt werden müssen und welche sie gerne erledigen möchte.
„YouTube ist ein Hobby, ich liebe meinen Beruf“
Trotz ihrer großen Reichweite und ihrer beliebten Videos, hätte sich Marijke Hörger zu keinem Zeitpunkt vorstellen können, YouTube als Vollzeittätigkeit auszuüben. Sie sehe ihren Beruf als Lehrerin nämlich als eine Berufung, die für sie im Fokus steht. Dennoch sei ihr Hobby ziemlich zeitintensiv, sodass sie pro Video mit etwa acht bis zehn Stunden Bearbeitungszeit rechnen könne. Marijke Hörger erzählt, dass auch ihre SchülerInnen ihre Videos gucken, sie abonniert haben und ihr stets positives Feedback zu ihrem Kanal geben.
„Ein totales Highlight war, als ich meinen ersten Vlog hochgeladen habe“
In ihrem ersten Vlog habe Marijke Hörger fünf Tage lang ihr Leben als Lehrerin mit der Kamera begleitet. Die Lehrerin erinnert sich daran, dass die Reaktionen auf dieses Video unglaublich gewesen seien. Ihre Abonnentenzahl habe sich plötzlich innerhalb weniger Tage mehr als verdreifacht. Dies habe ihr damals erst verdeutlicht, dass sie eine Community hat, die sie mit ihren Videos inspirieren könne.
Als weiteres Highlight nennt die Lehrerin auch externe Zusammenarbeiten, die aus ihrem Hobby entstanden ist. Als Beispiel hierfür schneidet sie den Digitale Schule Kompakt Podcast an, in dem sie letztes Jahr zu Gast war. Dadurch habe sie auch in Teilen des Kollegiums ein Bewusstsein über die Ausmaße ihres Hobbys geschaffen, die das ganze Konzept vom Produzieren von YouTube Videos zunächst als eher komisch empfanden.
„Datenschutz ist das A und O“
Marijke Hörger weist in Bezug auf ihr Hobby aber auch auf den Aspekt des Datenschutzes hin. Man solle sich vorher den bewussten Umgang mit Medien vor Augen führen, um zu entscheiden welche Daten geteilt werden können. Diesbezüglich sei es hilfreich, diese Aspekte vorher mit seinem Schulleiter/seiner Schulleiterin zu kommunizieren. Weiterhin müsse man sich darüber bewusst werden, dass die Videos von jedem gesehen werden können. Demnach beherzigt die Lehrerin das Motto „Stelle nichts online, von dem du nicht auch glücklich wärst, dass es deine Oma sehen würde“. Trotz dass Marijke Hörger ihren Lehreralltag mit ihren YouTube-Abonnenten teilt, sei es für sie wichtig, zwischen YouTube und ihrer Arbeit als Lehrerin eine Grenze zu ziehen. So differenziere sie zwischen der Kommunikation zu ihren Abonnenten und der Kommunikation zu Menschen aus ihrem Lehreralltag. Ihren Instagram Account hat die Lehrerin in ihren Privatsphäre-Einstellungen auf privat geschaltet, sodass sie ausschließlich ausgewählten Nutzern Einblicke auf ihr Profil gewährt.
„Diese Onlinevernetzung und dieses Miteinander ist so wichtig“
Aus ihrer YouTube-Zeit nehme Marijke Hörger insbesondere das gute Gefühl mit, dass sie Menschen, wie zum Beispiel LehramtsstudentInnen oder ReferendarInnen auf irgendeine Art und Weise helfen konnte. Denn in ihren Videos teilt die Lehrerin Tipps und Erfahrungen vom Lehramtsstudium über das Referendariat bis hin zum Lehrerdasein. Dadurch sei ihr auch bewusst geworden, was für eine große Bedeutung so eine digitale Vernetzung bekommen könne. Die Lehrerin betont, dass dieses gegenseitige auf sich Aufpassen insbesondere zwischen LehrerInnen mittlerweile sehr wichtig geworden sei. Ihre Hoffnung für die Zukunft sei es, dass sich dieser Zusammenhalt, den sie im Internet erfahren durfte, auch auf das reale Leben überträgt.
„Ich habe eine unheimlich tolle Community“
Marijke Hörger verspüre eine große Dankbarkeit für die Reaktionen, die sie während ihrer Zeit, in der sie auf YouTube aktiv war, erfahren durfte. Sie selber sei durch den digitalen Austausch mit ihrer Community an sich selber gewachsen und habe viel dazugelernt. Die Pädagogin sei sehr glücklich und dankbar über jeden einzelnen, der sie über die ganzen Jahre verfolgt und ihre Videos geschaut und kommentiert hat. Weiterhin sei sie sehr dankbar, dass sie die Möglichkeit hatte, so vielen JunglehrerInnen eine Orientierung bieten zu können. Marijke Hörger habe über die letzten Jahre eine Vielzahl an positiven Rückmeldungen und Nachrichten von ihrer Community erhalten, an die sie auch in Zukunft weiterhin denken werde. Und auch wenn sie von nun an keine neuen YouTube-Videos mehr produziert, so bleiben ihrer Community über hundert Videos erhalten, die sie auch im Nachhinein noch inspirieren können.
Jaqueline Wendt bereichert das Digitale Schule Kompakt Team mit ihrem Wissen aus Ihrem Eventmanagement und Cross-Communication Studium. Als das neuste Mitglied der Redaktion begleitet sie Interviews mit spannenden Gesprächspartnern, beschäftigt sich mit dem Rummel der sozialen Medien und holt die Themen auf den Tisch, die die digitale Schule heute beschäftigen.