Als Landesbeauftragte
für den Datenschutz ist Frau Barbara Thiel in einer Position, die darauf
achtet, dass der rechtliche Rahmen hinsichtlich der Digitalisierung in Schulen eingehalten
wird. Häufig wird Datenschutz als Hemmnis der Digitalisierung gebrandmarkt. Die
Landesbeauftragte stellt dar, warum diese Annahme falsch ist und zeigt
stattdessen auf, weshalb Datenschutz zwingende Voraussetzung für eine gelungene
Digitalisierung ist.
Wird in Schulen das Thema Datenschutz als „Vorwand“
genommen, um die Themen der Digitalisierung nicht ganz so schnell vorantreiben
zu müssen, wie es eigentlich notwendig wäre? Dieser und weiteren Fragen wurde
im Austausch mit der Landesbeauftragten für den Datenschutz auf den Grund
gegangen. Wer vor Ort war, konnte seine Fragen direkt stellen! Wenn Sie Fragen
zum Thema haben, dann hinterlassen Sie gerne einen Kommentar unter diesem
Beitrag.
„Daten wurden auch
früher schon, wurden zu allen Zeiten, gesammelt und ausgewertet.“, erklärt
Frau Thiel. Es liegt in unserer Geschichte als Forscher und Entdecker, dass wir
Daten sammeln und auswerten. Früher gab es eine kleine Menge an Daten, aus
denen dann Rückschlüsse gezogen werden konnten. Heute stehen uns deutlich mehr
Daten, moderne Auswertungsmöglichkeiten und so auch genauere Ergebnisse und
Rückschlüsse aus der Datensammlung zur Verfügung. Bei einer solchen Vielzahl an
Datenquellen bleibt für den Einzelnen die Transparenz auf der Strecke. Sowohl
was für Daten verarbeitet werden, als auch wie diese durch die Algorithmen
erhoben werden.
Datenschutz soll nicht die Daten schützen, sondern die Menschen.
Das ist aus der DSGVO, die explizit die Grundrechte und
Grundfreiheiten nennt, abzuleiten. Und diese ist ein wichtiger rechtlicher
Rahmen für den Datenschutz. Verbindliche Rahmenbedingungen sind notwendig,
damit die Digitalisierung den Menschen dient und empfindliche Daten schützt.
Denken wir hier z. B. an Social Media, wo Menschen ihr Innerstes nach außen
kehren und sich zu allen denkbaren Themen äußern. Führende soziale Netzwerke
besitzen spannende und interessante Daten, die sicherlich auch die Neugier von
Forschern und der Wirtschaft wecken. Eines von vielen Beispielen, warum
Datenschutz heutzutage von solch großer Bedeutung ist. Datenschutz ist kein Hindernis, sondern trägt umfangreich zum
erfolgreichen Gelingen der Digitalisierung bei.
„Den Schulen kommt in einer digitalisierten Welt eine
Schlüsselfunktion zu.“, führt Frau Thiel aus. Die Vermittlung von digitaler
Kompetenz, insbesondere das Kennenlernen von Chancen und Risiken und einen adäquaten
Umgang damit. So können die Schüler/innen selbstbestimmt über eine Teilhabe an
digitalen Angebot entscheiden. Wichtiger Baustein in der Medienbildung: Die
Vermittlung eines wachen Datenschutz-Bewusstseins der Schüler/innen durch die
Schulen. Frau Thiel betont, dass aus ihrer Sicht ein eigenes Schulfach
„Medienbildung“ verpflichtend eingeführt werden sollte. Denn eine Vermittlung
der komplexen digitalen Themen „nebenbei“ ist nicht ausreichend.
Digitales Lernen in der Schule, also mit digitalen Medien
Zumindest als Anschub stehen mit dem DigitalPakt Mittel für
die technische Ausstattung von Schulen zur Verfügung. „Allerdings, und das
halte ich für äußerst kritikwürdig, gibt es noch kein Gesamtkonzept des Landes
zur digitalen Ausstattung der Schulen. Stattdessen wird, und auch das ist
problematisch, auf die Autonomie der Schulen verwiesen […]“, so Frau Thiel. Der
Wille und die Fähigkeiten der Personen in der jeweiligen Schule sind so
ausschlaggebend für die Frage ob und was am Ende wirklich in genau dieser
Schule passiert. Das führt zu „Wildwuchs“ der eingesetzten Produkte,
datenschutzrechtliche Aspekte gehen unter, fehlen teilweise sogar ganz. Teilweise wird der Datenschutz dann
instrumentalisiert, weil man sich nicht mit Digitalisierung auseinandersetzen
möchte. Aktuell prüft das Team um Frau Thiel ein Datenschutzkonzept zur
Bildungscloud, bei dem sie aber auch Stand jetzt einräumt, dass viele Punkte
noch bearbeitet werden müssen.
„Gegenwärtig verhält es sich so, dass Schulbücher unter
pädagogischen Aspekten geprüft werden, Lern-Apps aber nicht.“, hält Frau Thiel
fest. Schulen sind mit digitalen Lern-Apps also auf sich allein gestellt und
müssen selbstständig eine Bewertung vornehmen, ob die Lern-Apps pädagogisch und
auch datenschutzrechtlich geeignet sind, im Unterricht oder auch ergänzend
eingesetzt zu werden. Dies zeigt, wie notwendig eine zentrale, staatliche
Stelle als Ansprechpartner ist. Versäumt man dies, so wird es in Deutschland zu
einem „digitalen Flickenteppich“ kommen.
Konkrete Fragen, aber keine konkreten Datenschutzempfehlungen
Eine Frage, welche die anwesenden Gästen direkt interessierte:
„In welchem zeitlichen Rahmen darf man verbindliche Aussagen zu
Datenschutzvorgaben erwarten?“ Frau Thiel verwies darauf, dass es zunächst des
Datenschutzkonzeptes bedarf. Dieses existiert in seinem finalen Rahmen noch
nicht. Die daran gestellten Anforderungen: eine Datenschutz-Folgenabschätzung,
ein Verzeichnis der anfallenden Verarbeitungstätigkeiten und viele andere
Fragestellungen. Dem Team der Landesbeauftragten für den Datenschutz gegenüber
wurden diese Fragen bisher nicht beantwortet. Schlussfolgernd daraus gibt es
noch keine verbindlichen Datenschutzvorgaben. Im Konzept geht es aktuell
hauptsächlich um eine Cloud-Lösung für die niedersächsischen Schulen.
„Was sollen wir machen, solange ein solches Konzept noch
nicht da ist?“ Im ersten Schritt wird nach den vordringlichsten Bedarfen
geschaut – über WhatsApp und „Bring your own Device“ hinaus. Dazu hat sich das
Büro der Landesdatenschutzbeauftragten bereits geäußert, auch z. B. zu
Microsoft und da insbesondere zu Windows 10. In Niedersachsen existiert ein
Prüfschema, mit dem das Team um Frau Thiel aktuell arbeiten kann und hinter dem
die Datenschützerkonferenz auch steht. Sie wollen diese Themen möglichst
schnell zusammenstellen und dann Hilfestellung geben. Mehr kann aktuell nicht
getan werden, aber die klare Aufforderung an alle: „Machen Sie Druck!“
„Warum gibt es keine verpflichtende Fortbildungsstrategie
für Lehrer?“ Frau Thiel erwähnte in ihrem Vortrag die Diskrepanz zwischen
vorhandener Sachausstattung und Fachkompetenz der Lehrkräfte. Ein Thema, das
immer wieder – neben der fehlenden Betreuung der IT – im Zusammenhang mit dem
DigitalPakt aufkommt. Auf die Frage der anwesenden Gäste betont Frau Thiel noch
einmal, dass es nicht nur um die Ausbildung an den Hochschulen geht, sondern
auch um das aktuelle, aktive Lehrpersonal. Die Schüler/innen sind zum Teil
klüger als ihre (teilweise einfach nicht so technikaffinen) Lehrkräfte
hinsichtlich digitaler Angebote und Medien. Auch sie ist der Auffassung, dass
dieses Thema seitens des Staates gestaltet werden sollte.